Ingrids Forenwelt | LÄNDERFOREN (Fragen, Erfahrungen, Insidertipps) | Europa | « vorheriges Thema folgendes Thema » |
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Autor | Thema: Wie ich aus Versehen mit der Transsibirischen Eisenbahn fuhr (Gelesen 6433 mal) | |||
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Dann frag dich das ruhig weiter. Wenn du solche Berichte wie meinen Bericht nicht kapierst, kann ich dir auch nicht helfen. | ||||
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Aha. | ||||
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Es wird sich wohl nur dafür interessiert, wo es was am koschdegünschdigsche gibt
Aber nicht für die Erlebnisse einer Reise. Arm ... | ||||
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Es interessiert wohl niemanden, wie es weitergeht.
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Mach einfach die "Erzählhäppchen" ein wenig größer.
So ist es etwas mühsam zu lesen, vor allem wenn man Deine Vorgeschichte und den Zeitrahmen und Zweck der Reise nicht kennt. Offensichtlich war es ja eine zweite Reise an Orte, die Du schon mal vor Jahren besucht hast. Ein paar Worte zur Einleitung wie eine Vorstellung Deiner Person wären auch nicht schlecht gewesen.
Das ist völliger Qutasch, hier geben die meisten Leute sehr viel Geld für Reisen aus. Da ist Russland mit Bus sicher koschdegünschdigscher als Südamerika im Mietwagen oder Afrika im Safariwagen. Was Du damit bezweckst ist mir wurscht, wer nicht will muss ja nicht lesen. Aber es wird aber in jedem Forum im Internet immer Leute geben, hier die hinter jedem Beitrag einen Werbeversuch witttern... Ali | ||||
Die Törichten besuchen in den fremden Ländern die Museen.Die Weisen aber gehen in die Tavernen (Erich Kästner)
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Schade. Ich will hier nun für GAR NICHTS Werbung machen. Nur eben erzählen, wie es war, als ich so für mich alleine per Eisenbahn durch Russland unterwegs war. Aber das passt wohl nicht in das Raster hier? | ||||
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Das ist richtig. Vielleicht hätte ich mit meiner ersten Reise nach Perm am Ural beginnen sollen? Das war im Jahre 2003. Meine zweite Reise war dann im Jahre 2011. Beides Reisen für mich alleine. Keine hoch-professioniellen Reisen mit monatelanger Vorbereitung, wie sie hier meist zu lesen sind. Ich meine aber doch, dass ich dort einiges erlebt habe, was den einen oder anderen eventuell interessieren könnte. Es war aber halt nun mal leider kein Abhaken von Sehenswürdigkeiten, wie es anscheinend sont üblich ist. | ||||
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So weit war ich 2017 gekommen. Nun erzähle ich weiter. ------------------------- Und das war die "Segnung": Auf diesem schönen Platz - mitten in der schönen Mitte des schönen Kungar, stand eine riesige elektronische Werbetafel. Ständig zuckten grelle Bilder darüber hin - und ein Lautsprecher beschallte den Platz mit überlauter Werbung. Schwer erträglich - eigentlich unerträglich. Ich dachte: Wenn der Kapitalismus nix Besseres weiß, als diesen schönen Platz so zu verschandeln ... dann .... ja, was dann? | ||||
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Der Bus zum Bahnhof erlöste mich schließlich ....
Und am Bahnhof angekommen, hörte ich auf dem Bahnsteig vertraute Laute. Nein, kein mittelbadisches Alemannisch. Aber wasch-echtes britisches Englisch. Eine Begnung der dritten Art in Vor-Sibirien. Fast wie bei Henry Morton Stanley und David Livingstone .... ----------------------------- Wie schon gesagt: Am Bahnhof angekommen, hörte ich auf dem Bahnsteig vertraute Laute: Waschechtes Britisch. Obwohl ich ja nun ein Alemanne aus dem Schwarzwald bin, wurde mir ganz heimatlich zumute. Wer waren diese Leute? Eine bunte Truppe aus verschiedensten Ländern: Engländer, Australier, US-Amerikaner, und auch zwei Deutsche, die in Irland wohnen. Die Leitung der Truppe hatte in Chinese aus den USA. Es war eine Reisegruppe auf Abenteuer-Urlaub. Wie sie mir dann erzählten, waren sie in China gewesen, wo es am chinesischsten ist, und in der Mongolei, wo sie am mongolischsten ist. Und nun auf dem Weg von der Mongolei nach Sankt Petersburg hatte die Londoner Firma, bei der sie ihre Reise gebucht hatten, ihnen Kungur als Etappenziel gegeben. Denn Kungur sei eben noch weitgehend vom Tourismus unberührt. Russland, wo es am russischsten ist. Sie waren also um die halbe Welt herum nach Kungur gekommen, und ich war eben mal quasi mit der Straßenbahn von Perm hierhergefahren. Nun warteten sie hier nach einem Tag Aufenthalt am Bahnhof auf ihren Zug. Doch damit war irgendwas nicht in Ordnung. Ihr Zug hatte Verspätung, und sie wussten nicht genau, wann er denn nun käme. Ich fragte, ob ihr Zug auf dem Weg nach Sankt Petersburg denn wohl auch in Perm Station mache. Sie vermuteten, dass Ja! Also plante ich, mich ihnen eben einfach anzuschließen, wenn ihr Zug dann irgendwann in Kungur ankommen würde. Mit der kleinen Ungewissheit, ob der Zug mich nicht womöglich dann zwangsweise nach Moskau und Sankt Petersburg entführen würde ..... | ||||
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Nun zu dieser Engländerin:
Wenn ich Engländer reden höre, so versuche ich immer herauszuhören, ob ich wohl an ihrer Sprache merken kann, aus welchem Teil der Insel sie kommen. Bei dieser Engländerin gelang mir das nicht. Und ich sagte ihr genau das. Ich könne nicht heraushören, woher sie komme. Könne also zum Beispiel nicht hören, ob sie aus dem Norden komme, oder so ... Und Bingo! Damit hatte ich genau ins Schwarze getroffen. Denn: Sie kam aus dem Norden, wie sie sagte - und nein, man könne das nicht heraushören, wie sie auch sagte. Sie war im Norden aufgewachsen, und schon vor vielen Jahren nach London umgezogen. Hatte dort den nördlichen Akzent verloren, ohne aber den südlichen Akzent anzunehmen. Aber mein Unterbewusstsein hatte offenbar dennoch was Nördliches an ihr aufgefangen, sonst hätte ich nicht ausgerechnet gesagt, ich könne nicht hören, dass sie aus dem NORDEN Komme. | ||||
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Unser Gespräch wurde unterbrochen durch eine Lautsprecher-Ansage.
Ein Zug fuhr ein .... Es war der Zug, auf den die Abenteurer und Weltenbummler gewartet hatten. Alles rannte los und auf den Bahnsteig - und ich hinterher. Schon gleich beim Einsteigen war da ein Schaffner, der sofort alle Fahrkarten kontrollierte. Meine Vorgänger ließ er problemlos passieren. Bei mir aber legte er die Stirn in Falten und schaute finster. "Was für eine Fahrkarte ist DAS DENN? Solch eine Fahrkarte habe ich noch nie gesehen! Kenn ich nicht! Kenn ich nicht! Ich weiß nicht, was ich mit dieser Fahrkarte anfangen soll ...." So sagte er sinngemäß. Und dann forderte er mich auf, ins Dienst-Abteil mitzukommen. Die Worte jenes Engländers kamen mir wieder in den Sinn, die ich vor Jahren mal gelesen hatte: "Die Viehwaggons nach Sibirien fahren jede Stunde - pünktlich zur vollen Stunde ...." Aber noch war ich ja nicht in einem Viehwaggon, sondern in einem Personenzug, und der fuhr NICHT nach Sibirien, sondern KAM gerade aus Sibirien - und fuhr gen Westen .... | ||||
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Der Schaffner hatte mich also in sein Dienstabteil gebeten.
Ich nahm irgendwo in dem Chaos dort Platz und harrte der Dinge, die da kommen sollten. Der Schaffner fragte als erstes: "Tee?" Ich kombinierte: Nun will er mir sicher alle möglichen Sachen andrehen, zu überteuerten Preisen, und erwartet, dass ich zu allem Ja und Amen sage, um ihn günstig zu stimmen. Darauf will ich mich mal gaaaaar nicht einlassen .... Freundlich und mutig lehnte ich den Tee ab. Er erriet wohl meine Gedanken, denn er sagte: " .... nein ....... Tee ...... Freund ......." Genauer: Im Original sagte er es auf englisch: " ..... no ...... tea ....... friend ......." Es war also als echte Einladung gedacht. Da nahm ich den Tee gerne an .... und vermutete, dass das dienstliche Verhör so schlimm nicht werden würde. Und ich hatte richtig vermutet. | ||||
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Dann sagte der Schaffner etwas Erstaunliches: Er habe noch NIEMALS mit einem Ausländer geredet!
Wie das denn, als Schaffner in der Transsibirischen Eisenbahn? Er meinte es eben so: Noch nie ein privates Gespräch mit einem Ausländer geführt. Nur eben Fahrkarten kontrolliert, und so. Für ihn war es eine Premiere. Und für mich auch, sozusagen. Und er sprach ein recht gutes Englisch. Von Beruf war er Hochschul-Lehrer für Informatik an einer Uni im Fernen Osten. Im Fernen Osten Russlands, heißt das. Irgendwo an der chinesischen oder mongolischen Grenze. Aber Lehrer sind in Russland so katastrophal unterbezahlt, dass er sich nun als Schaffner besser stellte. | ||||
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So erlebte ich zwei echt nette Stunden mit Tee und interesanten Gesprächen. Iwan - so hieß mein Schaffner, erzählte mir fast sein ganzes Leben - und ich hörte aufmerksam zu.
Und er sagte, es sei ein Glück, dass ich gerade in seinen Wagen eingestiegen sei. Der Schaffner vom Nachbarwagen sei ein scharfer Hund - da hätte ich als Schwarzfahrer wohl Hunderte von Rubel nachzahlen müssen. | ||||
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Schließlich näherten wir uns Perm.
Bevor ich mich verabschiedete, fragte ich den Schaffner noch, ob er eine Mail-Adresse habe. Er hatte. Wir tauschten dann sowohl die Mail-Adresse wie auch die Post-Adresse aus. Von Deutschland aus schrieb ich ihm per E-Mail, und auch eine schöne Karte von den badischen Weinbergen. Beides kam an. Und es kam auch eine Antwort zurück. Mit einem rührenden Bild vom ihm, seiner schönen Frau, und von ihrem gemeinsamen Baby. Ich vermute, es gibt wenige Reisende auf der Transsibibirischen Eisenbahn, die vom Schaffner danach ein Bild mit Frau und Kind bekommen haben - und nur, weil sie aus Versehen "seinen" Zug von Kungur bis Perm genommen haben. Do swidanja, Herr Schaffner! | ||||
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Noch ein Rückblick und eine Erklärung:
Ja, was war denn nun falsch gewesen an meiner Fahrkarte? Eigentlich nichts. Es war eine gültige Karte für die Strecke Perm >>> Kungur - und zurück. Was ich vermute: Für die Transsibirische Eisenbahn hätte ich wohl einen Zuschlag zahlen sollen - aber sogar den verlangte dann mein freundlicher Schaffner nicht. Statt dessen gab es "tea and sympathy" - so to speak. :zumwohl Was will man mehr? Sicher war es eine gute Weise, mal mit der Trans-Sib zu fahren! Wenn auch nur aus Versehen! | ||||
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Meine Fahrkarte sah aber auch echt sehr bescheiden aus.
Es war ein winziges quadratisches Zettelchen auf dünnem Papier, kleiner als eine Straßenbahnfahrkarte hier in Karlsruhe. So hatte ich sie am Bahnhofs-Schalter zu Perm bekommen. Ich weiß noch, wie meine guten Freunde vom Bahnhof zu Kungur, jene Weltenbummler, auch an jenem Dienstabteil des Schaffners vorbeikamen, als ich und der Schaffner noch im Flur standen. Ihre Fahrkarten sahen durchaus anders aus als mein winziges Fahrkärtchen: Es waren wahre Scheck-Hefte! Kein Wunder, dass mein Schaffner etwas verwirrt war. Kameradschaftlich boten meine Weltenbummmler mir ihre Hilfe an, falls ich in Schwierigkeiten sei. Das war beruhigend! Wäre ich also nach Sibirien verschickt worden, so hätte man in Australien, in den USA, in Irland, und im Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland davon gehört. Und ich zweifle nicht, dass sich Obama und Cameron und Queen Elizabeth II und wer immer gerade im Jahre 2011 in Australien und in Irland an der Macht war, sich energisch für meine Freilassung eingesetzt hätten. Hoch lebe die internationale Solidarität! | ||||
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So, das war nun meine Geschichte.
Es gab bisher 3306 Aufrufe, wie ich sehe. Ich hoffe, die Geschichte hat einigen auch gefallen. | ||||
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